20 Jahre Workstation
Smells like Post Teen Spirit
von Chris Koubek
Jubiläen sind ja so eine Sache, meine eigentlich nicht, aber im Falle der Workstation ist der Zeitpunkt, gerade dem Teenageralter entwachsen doch ein spezieller um Rückschau zu halten, Entwicklungen zurückzuverfolgen zu analysieren und nicht zuletzt auch zu dokumentieren bevor Erinnerungen durch Kreuzfeld Jakob oder Lenz Moser endgültig in den Orbit geschossen werden.
Und vor allem das hier vorliegende auf Vinyl gepresste akustische Werk aus 20 Jahren Musikproduktion von Workstation MusikerInnen und Bands ist ein wichtiges Musikgeschichtliches Dokument, das zeigt wie vielfältig, qualitätvoll und originell der Output dieser Periode war.
1991 gegründet, in einem Jahr in dem mit Nirvanas „Never Mind“ Album die 80er Jahre weggeblasen und damit Musikgeschichte geschrieben wurde, begann auch ein zumindest lokal gesehen neuer Kultur Ort Geschichte zu schreiben. Eine Geschichte mit vielen Entwicklungsschritten und Höhepunkten und vor allem auch eine Geschichte die hoffentlich noch lange nicht zu Ende ist. Einige persönliche Anekdoten, Analysen und Dokumentationen dieser Geschichte finden sich in diesem Booklet.
Doch was macht die Workstation aus? Was ist die Idee, die Philosophie, das Besondere an diesem multitaskingfähigem Kultur Tool im schönen, kleinen Innsbruck? Ich möchte es mal, in Anlehnung an Überlegungen von Didier Hampl, der die Workstation mit gründete, in den 90er Jahren weiterentwickelte und mit dem ich zusammen die ersten Schritte meines Lebens als Kulturarbeiter machte, so formulieren; here we go: „Die Workstation ist ein Kulturbetrieb der besonderen Art und beschäftigt sich seit ihrer Gründung 1991 mit Jugendkultur, Musikkultur, Vernetzungskultur und deren Inhalten. Flexibilität, Fairness und das Bestreben in viele Richtungen fördernd zu wirken ist die Grundlage ihrer Arbeitsweise. Sie ist ein Ort der Raum, Kommunikation und Motivation schafft. Raum um experimentell arbeiten und sich konsumlos austauschen zu können. Eine Plattform für MusikerInnen und Bands auf der Suche nach einem Ort für Ihre vielfältigen Ausdrucksformen. Ein Raum in zentraler städtischer Lage der ohne große Hürden und Regeln versucht Kreativität möglich zu machen. Der mit Know-How und Technik hilft und rund um die Uhr ohne Sommerpause 365 Tage im Jahr für seine Mitglieder nutzbar ist“.
Die vier wichtigsten Bereiche die die Workstation dabei im Zentrum ihrer Arbeit hat, sind das zur Verfügung stellen von momentan sechs Proberäumen, die von bis zu 80 MusikerInnen und ca. 25 Bands genutzt werden, das Veranstalten von Konzerten, der Verleih von Audioequipment für Konzerte und Demo Aufnahmen sowie allgemeine Hilfestellungen im Musik und Kulturbereich.
In den Jahren 1998 – 2004 war die Workstation auch Basisstation und Homebase für eine immer aktiver werdende junge, urbane Innsbrucker Kultur Szene und bot vielen Vereinen einen Ort für Veranstaltungen, Besprechungen und Diskussionen. Die Workstation war damit wichtige Basis, Labor und Nährboden für die 2004 gegründete p.m.k , in der seitdem auch die Workstation als Mitglied aktiv ist.
Ich möchte mich hier auch noch bei allen Bands für die Songs dieser Doppel LP, bei allen Autoren für Ihre Textbeiträge zum Booklet und bei der Stadt Innsbruck und dem Land Tirol für die Mitfinanzierung dieser Produktion recht herzlich bedanken und wünsche viel Spass beim Hören der Doppel LP und beim Lesen der Texte.
cheers Chris Koubek
Die Geschichte der Arbeitsstation
von Albi Dornauer
20 Jahre Workstation oder wie aus einem Keller ein Proberaum, dann eine Top Konzertlocation und schließlich wieder ein Proberaum wurde.
Nimmt man das zwanzigjährige Jubiläum genau, so bezieht sich diese Feierlichkeit auf die Eröffnung der Räumlichkeiten, die weithin als Workstation bekannt sind. Bevor jedoch der Keller des Z6 für Proberäume und Kleinveranstaltungen genutzt wurde und werden konnte, formierte sich zwei Jahre zuvor eine Gruppe, die sich zum Ziel setzte gemeinsam die lokale Misere schlechter Arbeitsbedingungen und nicht vorhandener Produktionsorte zu verändern. An konsequente, produktive Arbeit war durch dauernde Umzüge von Proberaum zu Proberaum und das obendrein noch zu Innsbruck typischen horrenden Mietpreisen nicht zu denken. 1989 in Innsbruck, ein hartes kulturelles Pflaster. Woher kamen die GründerInnen, aus welchen Szenen und was gab es sonst damals?
Das punkige AKT an der Stelle der heutigen p.m.k. war nach den „Chaostagen“ 1986 geschlossen worden, das Desinfarkt in der Altstadt war auch Geschichte, als Veranstaltungsorte existierten der recht frische Treibhausturm, das Z6, das autonome Haus Am Haven und das Utopia. Das Treibhaus, damals wie heute geführt von Norbert Pleifer und entwachsen dem studentischen KOMM war Hauptanlaufstelle für Jazzer gerade von Pradl an seinen heutigen Standort in der Angerzellgasse übersiedelt. Die extravaganten Rock und Free Jazz Konzerte passierten im Utopia, damals unter der Leitung der heute für die Schwazer Klangspuren zuständige Maria-Luise Mayr. Das Z6, wie heute Jugendzentrum samt zugehöriger Disco „Galaxy“ war als Zuhause der blühenden Afro & Cosmic Szene rund um DJ Enne und Stefan Egger gerade aus der Andreas Hofer Straße an seinen heutigen Platz in Dreiheiligen übersiedelt. Punks und erste Technofans gingen ins Haus Am Haven, ein autonomes Zentrum, wo neben Konzertraum und substandard Wohnbereich auch ein Tonstudio, Proberäume und einige Ateliers existierten. Als weitere Infrastruktur bestanden das Büro Diderot mit seiner Kassettenzeitung SFI (Sender Freies Innsbruck) und die Siebdruckerei Cunst & Co.
Die Clique, welche die Workstation 1989 gründete, bestand größtenteils aus den Mietgliedern zweier WGs und waren ortsmäßig am ehesten dem Utopia verbunden. Die Gruppe um Werner Moebius, die Brüder Didier und Jochen „Yoshi“ Hampl, Hans Unterdorfer, Heidi Schleich, Renée Stieger und Hubert Prokop. Die männlichen Workstation Gründer waren fast ausschließlich als Musiker aktiv, die Frauen widmeten sich mehr Performances und multimedialer Gestaltung. Inspiriert von amerikanischen Vorbildern, kultureller Zentren wie der legendären New Yorker Knitting Factory, beschlossen die jungen, Motivierten im Mai 1990 einen Verein zur Förderung musikalischer und multimedialer Arbeitsprozesse zu gründen und schließlich im Juli 1990 mit der Kulturabteilung der Stadt Innsbruck und des Landes Tirol über die Förderung einer solchen Infrastruktur zu verhandeln. Noch bevor irgendwelche Förderzusagen eintrafen, begann die Gruppe bereits ausgehend vom bereits etablierten und subventionierten Utopia damit lokale Bandprojekte innerhalb verschiedener Programmschwerpunkte dem Publikum näher zu bringen. Dies passierte einerseits in Folge des Innsbrucker Sommers per Konzert im ehemaligen Fenner Kasernern Areal, anderseits verstärkt Anfang 1991 mittels einer ausgeweiteten neuen Programmschiene im Wiltener Utopia, bei dem ausschließlich regionale Bands veranstaltet wurden.
Die Verhandlungen mit den offiziellen Stellen der Stadt und des Landes zogen sich klassischerweise in die Länge und so passierte es 1991, dass unter Duldung der damaligen Z6 Leitung der Keller des Jugendzentrums in Beschlag genommen wurde. Nach ersten Monaten der Besetzung waren durch Adaptionen die prinzipielle Möglichkeit geschaffen dort musikalisch zu Proben und Tanzperformances zu erarbeiten. Man entschied sich schließlich Politiker zu einem Lokalaugenschein in die Räumlichkeiten der Workstation einzuladen und mit ihnen vor Ort die Situation zu diskutieren. Mit der lapidaren Aussage „Jetzt seid ihr eh schon hier“ war die Diskussion um die Örtlichkeiten beendet und positiv abgeschlossen.
Von nun an war das Projekt Workstation auf Schiene. Minimale Startförderungen und Eigenmittel aus Soli-Konzertveranstaltungen reichten um langsam aber sicher den Keller zu echten Proberäumen umzugestalten. Anfänglich gab es zwei Räume, die von verschiedenen Bands bespielt wurden und einen Vereinsbus, der für überregionale Auftritte genutzt werden konnte. Im ersten Jahr des Bestehens wurde dieser Bus von Werner Möbius und Didier Hampl auch dafür verwendet durch Österreich zu tingeln und bei sämtlichen Kulturinitiativen vorstellig zu werden und dabei das Projekt und Konzept der Workstation zu präsentieren. Resultat dieser Erkundungs- und Vernetzungsfahrten war die bald darauf in internetlosen Zeiten veröffentlichte Studie „Zwischen Subversion und Subvention“, welche 1991 über 400 Initiativen österreichweit kulturell kartographierte. Auf dieser kulturellen Landkarte hatte Innsbruck zwar nicht den Stand von Linz oder gar Wien, mit der Workstation war aber auf jeden Fall ein wichtiger Schritt in Richtung einer besseren Zukunft getan. Wichtig war diese Vernetzung mit anderen kulturtreibenden Stätten auf jeden Fall um lokale Bands zu „exportieren“. Auftritte von Ran Can Can, einer percussiven Jazz Rock Combo rund um Yoshi Hampel fanden regelmäßig zwischen Basel und Wien statt. In Basel und Zürich traten sie meist in besetzten Häusern auf, für die damals jungen Innsbrucker stets ein Erlebnis und Schnuppern einer in Österreich unbekannten Luft. Auch in Wien spielten sie regelmäßig, Veranstalter und Avantgardemusiker Christoph Kurzmann war es, der ihnen die Türen zum Wiener Publikum öffnete. Teilweise spielten sie zweimal monatlich, als Vorgruppe ausverkaufter Konzerte der Tindersticks oder auch alleine in Locations wie der Szene Wien, dem alten Flex oder dem WUK, auf jeden Fall in einer Regelmäßigkeit, die nur wenige Bands österreichweit vorweisen konnte. Auch in Innsbruck balancierten sie zwischen dem punkigen Haus am Haven und dem sonntäglichen Jazzfrühstück im Treibhaus und schafften so einen gewissen Austausch zwischen Szenen die ansonsten nicht sehr viel miteinander zu tun hatten. Andere Musikprojekte zur selben Zeit waren Slippery People, eine Rock Combo rund um Hubert Prokop, und N.W.O. (New World Order) rund um Werner Moebius, Christoph Kurzmann und Gernot W. Koza. Mit T.D.O.L. (The Desaster Of Liquidity) existierte auch ein Projekt, das multimedial alle Gründungsmitglieder der Workstation vereinte. Das Projekt war allerdings wie die Protagonisten sich heute einig sind, niemals aufführungsreif, da das multimediale performative Konzept für ihren damaligen Professionalitätsgrad zu komplex und zu groß war.
Nach der intensiven Aufbauzeit kam es nach und nach zu personellen Veränderungen. Werner Möbius gab den Obmann an Didier Hampl ab, zog nach Wien und begann von dort aus mit ersten Veröffentlichungen beim damaligen Kassetten Label Trost an seiner musikalischen Zukunft zu arbeiten. Releases wie die von „Play The Tracks Of“ oder „Die Alleinunterhalterin“ sind heutzutage nicht nur aus lokaler pophistorischer Bedeutung interessant, sondern klassisch „underrated“. Veröffentlichungen, die definitv mehr Aufmerksamkeit verdient hätten, als sie bisher erfuhren. Das Label Trost ist bis heute aktiv, veröffentlicht beispielsweise Bulbul und Valina, und vertreibt überdies noch mittels eigener Distribution viele internationale Labels für den österreichischen Markt. In Innsbruck hingegen tat sich zu der Zeit recht wenig, der Anfangselan war verpufft, Proberaumnutzungsalltag spielte sich ein. Auch fanden sich immer mehr Leute ein, die die Räumlichkeiten mehr zum Feiern und Drogenkonsum nutzten als als Arbeitsraum. Bevor jedoch alles zu sehr versiffte, änderte man Mitte der Neunziger den Kurs und stellte ein wenig mehr Regeln für die Nutzung der Workstation auf.
Ein weiterer Proberaum, damals wohl der größte und schönste Innsbrucks, kam hinzu und Hansjörg Pehofer baute zusammen mit Georg Penneff und Chris Koubek schließlich 1999 ein Aufnahmestudio, um von dort aus den Output der dort probenden Bands zu erhöhen. Alben der Atomcats, von Bug, Sweet Berserker, Turn Out einige Radiosendungen und vieles mehr konnte im Aufnahmeraum der Workstation realisiert werden. Weiters wurde bald darauf auch ein mobiles mehrspuriges Aufnahmegerät angeschafft, das bis heute in Verwendung ist. Perfekt für Live Mitschnitte von Konzerten und im Proberaum.
In der Station selbst begann man zu der Zeit auch immer regelmäßiger Proberaum Gigs für damals maximal 40 Besucher zu veranstalten. Ab 1998 veranstalte man im regelmäßigen Abstand von neun Tagen das „phon.zimmer“, eine Konzertreihe, die den Proberaumbands ein gewisse Bühnenerfahrung, wenn auch nur in einem sehr kleinen, geschützten Rahmen verschaffte. Vom ursprünglichen Gründungsteam war zu der Zeit nur mehr Didier Hampl aktiv. Als dann schließlich 1999 Chris Koubek antrat frischen Schwung in die Keller der Dreiheiligenstrasse zu bringen, wechselten mit ihm nicht nur der Obmann, sondern vollzog sich der Generationenwechsel komplett. Koubek, 1998 als Musiker in Bands wie Pan Aroma und Am.Ar.Cord (zusammen mit Otto Horvath und Falko Purner), in die Workstation eingestiegen, entdeckte bald sein Interesse an organisatorischen Belangen und nach zwei Jahren Zusammenarbeit mit Didier Hampl übernahm er er im Jahr 2000 alleine die Leitung der Workstation.
1999 erarbeiteten sie noch gemeinsam das Konzept der „Apokalypse Blue“, einem bunt gemischten multimedialen, performativen Musikabend im Rahmen des von der Haller Galerie St. Barbara organisierten Osterfestivals. Zum Thema „Endzeiten | Amazonas“ wurde ein breites, von vierzig MusikerInnen, Bands, KünstlerInnen und Performern umgesetztes Konzept erarbeitet, das in einer dreistündigen Soundperformance einen ausverkauften Stadtsaal mit klarer Avantgarde begeisterte. 2000 folgte eine weiterer Schwerpunkt performativer Soundinstallationen. „Input-Station-Output“ bespielte über eine Woche Orte wie die SOWI Universität, den Hauptbahnhof und den Kunstraum Innsbruck, mit Konzerten, Performances und Projektionen zum Thema der sich stetig verändernden öffetlichen Räumen. Auftritte von Hecker, Porter Ricks, Radian, Renee Stieger, Werner Möbius u.v.m. Standen im Zentrum dieses Festivals.
2001 war dann das wohl härteste Jahr für die Innsbrucker Kultur Szene. Das Utopia wurde schlussendlich nach langen Gerüchten wirklich zugesperrt und in Konkurs geschickt, das Treibhaus baute gerade komplett um und auch in der Workstation stand plötzlich die Baupolizei vor der Tür und bemängelte die Örtlichkeiten. Kurzerhand wurde das Schloss ausgetauscht und man stand auch in Dreiheiligen vor versperrten Türen. Innsbruck war konzertmäßig tot. Vereinzelt passierten Shows und Parties in semi-optimalen Locations wie der MK (die aber auch bald von der Baupolizei untersagt wurden), dem Bierstindl oder der Z6 Disco. Semi-optimal eben. Einziger Lichtblick damals war die auch für Kultur zuständige Vize-Bürgermeisterin Hilde Zach. Nach einem Termin im Rathaus und der Erläuterung der Probleme der Workstation, fasst sie sofort nach dem Telefonhörer, kontaktierte die städtische Gebäudeverwaltung IIG und veranlasste alle nötigen Umbauten, dass bald wieder geöffnet werden konnte. Die Subventionen wurden verdoppelt, eine neue Lüftung, Toiletten, Beleuchtung und Elektroinstallationen eingebaut und bei der Begehung nach Fertigstellung setzte die der Station immer wohlgesonnene Zach sich auch dafür ein, dass ein weiterer Raum, der bis dahin vom katholischen Arbeiterbund Neuland genutzt wurde, auch für Bands und Proberaumzwecke zur Verfügung stehen würde.
Mit dem Umbau und der Neugestaltung änderte sich auch die Hauptnutzung der Workstation. Mehr und mehr verschiedene Gruppen, die sich nach Schließung des Utopias formiert hatten, um weiter die für sie interessante Musik in Innsbruck live erleben zu können, fanden in Innsbrucks geheimen Avantgarde-Keller ein Zuhause. Crews wie NLK-Kultur, Choke Media Empire, die Grauzone, Structure Research, auch aber Veranstalter wie Innpuls und Djs Aus Mitleid sorgten nach 2001 dafür, dass der Keller sich für Innsbrucks bestes Konzertprogramm verantwortlich zeigte. Die Konzerte und DJ Abende wurden meist per Mund-zu-Mund Propaganda beworben, öffentliches Plakatieren war auf Grund verschiedener berhördlicher Auflagen nicht möglich. Man musste als Veranstalter also die besten Acts verstecken und dennoch versuchen genug Leute zum Konzert zu bringen.
Konzerte mit damals noch unbekannten Acts wie The National, Mocky, Oxbow, den Black Lips, Dälek, Apparat, Bierbeben, Legowelt, The Bug, Jeru The Damaja, DJ Vadim, Keelhaul, Donna Summer oder österreichischen Acts wie Valina, Mono & Nikitaman oder den Staggers sorgten für unvergessliche Nächte für das wissende Publikum. Die Initiativen professionalisierten ihre Konzertveranstaltertätigkeit und so war es nur eine logische Folge, dass immer mehr der Wunsch aufkam, sich nicht mehr verstecken zu müssen und die Acts einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Teilweise versuchte man öffentliche Plätze zu bespielen, meist in Folge subventionierter Projekte, wie beispielsweise 2002 das Siebenkapellen Areal. „3x7 = Feiner Sound“ holte mit Techno Animal und Ruins die Speerspitze musikalischer Innovation in die Stadt am Inn. Dennoch fehlte ein eigener Raum. Die Gründung der p.m.k. - Plattform mobile Kulturinitiativen – stand an. Ein neuer öffentlicher Raum für Veranstaltungen sämtlicher Musikrichtungen musste her. In der Workstation waren die Konzerte und Parties zwar richtig Underground, dennoch aber auch stets eine gewisse Gefährdung für die Proberaum Infrastruktur. Sollte jemals etwas passieren, wären zu dem Zeitpunkt fünfundzwanzig Bands ohne Probemöglichkeit auf der Straße gestanden. Immer mehr und mehr Menschen bekamen inzwischen Wind von den Veranstaltungen in den Kellergewölben. Und da mit der Masse auch immer mehr Menschen kommen, denen Veranstaltungsorte komplett egal sind, solange sie dort ausgelassen feiern können, beschloss man nach und nach die Veranstaltungen mehr zu reglementieren. So gab es beispielsweise die Regel, dass lokale bzw. Workstation Bands immer Vorzug gegenüber Fremdveranstaltungen haben und dass maximal zwei Abende der Woche überhaupt geöffnet werden durfte.
Parallel dazu schritt das Konzept der p.m.k. immer weiter voran. Nachdem sich die Verhandlungen über die Nutzung des Dachgeschosses des neugebauten M-Preis Markets an der Sill zerschlagen hatten, formierte sich eine Gruppe, die per Hausbesetzung der Minatti Halle im Workstation Innenhof ein klares Zeichen in Richtung mehr kulturellem Freiraum setzen wollte. Die Folge aus Besetzung samt gleichzeitiger strategischer Gespräche mit der Stadt und intensiver PR waren erfolgreich und legten den Grundstein für die p.m.k. in ihrer heutigen Form – dem Kulturzentrum in den Viaduktbögen. Als schlussendlich 2004 dort die Veranstaltungstätigkeit aufgenommen wurde, war die Workstation als Ausgangspunkt sowie Veranstalterlehrstätte für viele der nun dort aktiven Gruppen zu sehr großem Teil dafür verantwortlich, dass heute immer noch ein breites Spektrum verschiedener Szenen in Innsbruck kulturell bedient werden.
In der p.m.k. traten nun die Initiativen selbstständig auf oder kollaborierten weiter mit der Workstation, die programmmäßig vor allem von Chris Koubek, Jakob Völkl und Philipp Angerer geleitet wurden. Punk, Free-Jazz, Breakcore, Hip-Hop, Rock, Techno aber auch ruhigere Ambient Abende gingen auf das Veranstalterkonto der Workstation. In den Kellern des Z6s kehrte nach Jahren der Vielfeierei wieder Proberaumnutzungsalltag ein. Mit dem Bau von Stadtwohnungen anstelle der abgerissenen Minattihalle im Hof vom Jugendzentrum Z6, Workstation, dem Obdachlosen Wohnheim Alexi-Haus und der Waldorf Schule, direkt neben der Eisenbahn Linie, war es auf Grund permanenter Lärm-Beschwerden vorbei mit Veranstaltungen im inzwischen legendär gewordenen Keller der Workstation. Heutzutage proben ungefähr achtzig MusikerInnen in fünfundzwanzig Bandprojekten in Innsbrucks größtem Proberaumkonstrukt.
Der letzte größere Programmschwerpunkt der Workstation war 2011 das „Heart Of Noise Festival“. Drone und Noise waren für zwei Tage die dominierenden Sounds in p.m.k. und Cinematograph – Acts wie Fennesz, Stephen O'Malley und Peter Rehberg zeigten, dass auch im 21. Jahrhundert immer noch Musik entstehen kann, die sich großartig gegenüber dem überall dominierenden Dancefloor Groove behauptet. Mainstream war die Workstation ja schließlich nie!
Die Workstation als kreative Zelle, KünstlerInnennetzwerk und Labor
von Werner Möbius
Anfang der 90-er Jahre war ich in Zusammenarbeit mit Tiroler Künstler-und MusikerInnen Mitinitiator des Musik-, Kunst- und Kulturprojekts Workstation in Innsbruck, wo es zu dieser Zeit eine blühende Subkultur gab. Neben den von uns organisierten Projekten existierte ein mehr- oder weniger korrespondierendes kreatives Netzwerk aus autonomen Initiativen wie die Künstlergemeinschaft KG Pembaur, das Haus am Haven, Büro Diderot oder Cunst & Co in überregionaler Juxtaposition mit Institutionen wie z.B. dem Kanal in Schwertberg/OÖ, Kapu Linz oder dem Flex in Wien. Zwischen dem Haus am Haven und dem Flex gab es z.b. den sogenannten „Flex Boiler Komplex“, der es damals Underground-Bands ermöglichte über ein unabhängiges Netzwerk Konzerte und Performances in verschiedenen Städten in Österreich und darüber hinaus zu spielen, sowie Publikationen in Form von LP/CD-Compilations oder Reviews in österreichischen Independent Magazinen wie z.b. dem Flex Digest oder Skug zu veröffentlichen. Im Unterschied zu den damals schon etablierten Innsbrucker Veranstaltungsbetrieben wie z.B. dem Utopia oder Treibhaus wurde von der Workstation und den oben genannten Institutionen neben der Veranstaltungstätigkeit auch vor allem an einer neuen kulturpolitischen Orientierung und künstlerischen Identität, an einer leicht zugänglichen Infrastruktur für KünstlerInnen, an einer Vision von möglichen Formen eines soziokulturellen Zusammenleben- und arbeitens und an einem innovativen Kunst - und Kulturverständnis gearbeitet.
Die Workstation als Ort der Kunst- und Kulturausübung wurde aus meiner persönlichen Sicht im Sinne einer „temporären autonomen Zone“ geschaffen, die der Künstler und Philosoph Hakim Bey definiert als eine Situation, in der herrschende Gesetze und Ordnungen zeitweise lokal außer Kraft treten, Autoritäten ihre Macht verlieren und unvorhersehbare gemeinsame neue Begegnungen und Erfahrungen möglich werden. So können unmittelbar Räume geschaffen werden, in denen eine andere oder zukünftige Gesellschaftsform als Zelle eines selbstorganisierten organischen Systems gedacht oder (voraus)gelebt werden kann.
Der Impuls als Künstler eine initiative wie die Workstation zu gründen entstand damals aus Mangel an Frei-und Proberäumen für innovative, experimentelle künstlerische Arbeit, sozio-kulturellen Aktivitäten, der Möglichkeit von Umsetzung von Projekten in einem finanziell tragbaren Environment, sowie einem starken Bedürfnis nach einer Alternative zur bestehenden Mainstream- und Entertainment Kultur und deren scheinbar immanentem Ausschluss einer vielschichtigen, nicht ökonomisch besetzten Kreativitäts- und Kunstausübung. Der inhaltliche Fokus der damals bestehenden Kulturinitiativen in Innsbruck bestand hauptsächlich im Veranstalten, vor allem auch mit Schwerpunkt auf Import von internationalen Angeboten. Was einerseits sehr gut und inspirierend für die regionale Szene war, aber auch das Bedürfnis nach einer eigenen Identität und Kunstproduktion im internationalen Kontext verstärkte. Und genau dort fehlten die Möglichkeiten, Infrastruktur, Arbeitsorte und Netzwerke. Die Workstation wollte einen selbstorganisierten, autonomen kreativen Ort mit einer gut ausgebauten Infrastruktur schaffen, an dem das Ausprobieren und Produzieren in Laborsituationen unabhängig von finanziellen Ressourcen, Zeitlimit und Produktionsstress möglich war und ein ständiger lebendiger Austausch von Know-How zwischen MusikerInnen und KünstlerInnen stattfinden konnte. Der Wunsch nach Partizipation an einem sich selbst organisierenden funktionierenden Netzwerk, das vor allem auch jungen KünstlerInnen die Realisation ihrer Ideen und Visionen in einem nährenden und geistig offenem diskursiven Umfeld ermöglicht, war ein Hauptanliegen. Mit der Gründung der „Workstation“ (juristische Form „Verein zur Schaffung kultureller Infrastruktur“) in Innsbruck wurde eine Koordinationsstelle für KünstlerInnen geschaffen, die gut ausgestattete Arbeits- und Proberäume sowie ein Gemeinschaftsbüro und ein Fahrzeug für Transporte oder als Tourbus sehr günstig und unkompliziert zur Verfügung stellen konnte. Der Kulturverein als offizielle Institution sollte als Interface funktionieren, als Schnittstelle zwischen dem freien Experimentieren im Labor, wo Potentiale ausgelotet werden und Kunstpraxis im diskursivem Dialog mit KollegInnen entsteht und einer nach aussen gerichteten Möglichkeit zur Vermittlung, Verwertung, Finanzierung und Präsentation von Musik und Kunst unter den Bedingungen der ProduzentInnen und zum wechselseitigen Nutzen aller Beteiligten.
Aus meiner heutigen Sicht ist auch die Bedeutung der Workstation als „realer Ort“ zu erwähnen. Sie dient nach wie vor als Treffpunkt für KünstlerInnen, MusikerInnen und Kulturschaffende, die vermehrt in mobilen, globalen und medialen Kontexten arbeiten.
Nach Buckminster Fullers Motto „think global, act local“, dessen künstlerische Auffassung das ganze Leben an sich, das individuelle und das soziale, sowie die Mitwelt in den Gestaltungsprozess einbezog, schafft die Workstation einen wichtigen und nachhaltigen Kommunikations- und Arbeitsort als bedeutsamen Gegenpol zu einer vermehrt virtuell stattfindenden Medien-, Netzwerk- und Kommunikationskultur. Mit der aus ihr gewachsenen p.m.k. - Plattform mobile Kulturinitiativen ist in weiterer Folge auch ein Ort für ein generationenübergreifendes Publikum entstanden, das dort Projekte live erleben, KünstlerInnen persönlich kennenlernen und aktuelle Informationen bekommen kann.
Somit wird auch hier das Zusammentreffen und der Austausch gefördert, indem potentieller Raum für Kreativität, Diskursivität und künstlerische Praxis bereitgestellt wird.
…WILL NEVER DIE
von Yoshi Hampl
Peng Kawumm Wow! Normen brechen, zumindest die Eigenen. Und der Wind soll es hinaustragen in die ganze Welt.
Kein Gedanke an berühmt werden oder Sicherheit. Im Saft der postjugendlichen Hippiepunkmentalität bestimmt das Weltverbesserer – image die Weltverbesserer- message: Auch die Irokesen waren Indianer und die wussten mit Mutter Erde rücksichtsvoll umzugehen….
Dann kam der Crash: Das Nirvana schoss sich in den Kopf und aus der Steckdose schoss der Techno. Umgeben von belangloser Easy Listening Party, Subwoofer inkludiert. Proseccogrooves und Biedermeierrausch, da konnte ich nicht mehr mithalten… Also ab in die Le(h)re: Sumatra, Sinai und die Polyrhythmik der ersten weil dritten Welt, zurück zum Anfang, jetzt noch grüner hinter den Ohren….
Gott sei Funk, Dub, der gemeinsame Nenner, richtete sich auf. Der Hall der Kunsthalle Hall zog Landauf Landab, Subwoofer inkludiert….
Müde von Party und Weed kam die Erkenntnis: Wie wäre es mit Familie, ein Leben mit Natur, Soundtracks für Theater, Film und Fernsehen? Ja natürlich, doch dann wieder: Normen brechen, zumindest die Eigenen.
Free Jazz will never die.
So irgendwie waren die letzten 20 Jahre Musik für mich, ein bisschen Mühselig überhaupt darüber nachzudenken.
Selbst als Gründungsmitglied der Innsbrucker Workstation war ich eher User als Producer. Immer Skeptisch gegenüber dem grossen Geist einer Workstation mit dem Vorbild der New Yorker Knitting Factory vor Augen. Wie soll das nur im Ansatz in einer engstirnigen Sportstadt funktionieren? Doch Hainburg geeicht, machte ich einfach mit und wir besetzten den Laden unterhalb des Z6.
Und als eben im Mai 1992 „Peng Kawumm Wow“ im Aufnahmeraum des Trockendocks am Haven das Fenster aufriss und der Wind unseren Sound nach draussen trug, musste ich zugeben, dass es wenigstens spannend war… Also Kontakte knüpfen, am besten in ganz Europa, unterstützt oder auch getragen von Christof Moser und dem Diderot. Europa hatte ein bisschen Interesse an der Innsbrucker Workstation dieser Zeit, das bewies die Tantiemenabrechnung. Dann war da sogar ein kleiner Hype mit drin, der einem zum Aufwand verhalf: Selbst gedruckte Vinylcovers, selbst gefalzt, durchnummeriert. Das Vinyl, in Budapest gepresst, macht sich mit dem Neuen Austrotakt auf den Weg nach Innsbruck, um eh wieder im Osten zu landen. Jetzt musste ich zugeben, dass es sogar lebenswert war, nicht nur spannend…. die ehrenvollen Jahre, „one of the best Austrian acts“ und so und eigentlich war dann alles mit einem Schlag vorbei. Unvorbereitet.
Kein Interesse mehr an Rockmusik und Livekonzerten, echt uncool dieses Gitarrenhippiegeschlapper .Independent hin, Independent her. Ich will konsumieren, Spass haben und mir nix denken, und so machten alle auf Dolce Vita. Diesen allgemeinen Hangover verbrachte ich so gut es ging in Asien, doch plötzlich sah ich mich im Warm Up für Mo`Horizons und dachte mir, das was die können, kann ich auch…Ehrgeiz? Selbstüberschätzung? Eher die unausweichliche Beschäftigung mit Reverb, Delay und Subbässen in elektrischen Zeiten.
Der Downbeatgemeinde war es dann doch zu psychedelisch, aber Japan, Afrika und Holland, yepp yepp…
Dazwischen gelang auch noch eine Vermittlung von einer 6-stelligen Schilling Summe für einen Abend der Workstation im Stadtsaal Innsbruck zum Festival der Religionen 1999. Doch Polyrhythmik - schuftend in Kerala ist es mir völlig entgangen, was da dann gelaufen ist….
Inzwischen habe ich die Gitarre dreimal entdeckt und zweimal verschmissen. Seit einem viertel Jahrhundert auf den Brettern begleitete mich die Workstation mal als Proberaum und später auch als Auftrittsort und vor allem als Experimentierkammer.
Mittlerweile bin ich ahnungslos, wer, wie und warum dort Instrumente stehen hat, doch ich hab was von 80 Musizierenden und 6 Proberäumen gehört…Bei uns war es zumindest wenigstens so, die lächerliche Situation in Innsbruck verbessern zu müssen, denn vor 20 Jahren gab es kaum Wertschätzung für die freie Musikszene vor Ort, davon zu leben war absurd. Wir hatten aber aus idealistischen Gründen keine andere Wahl.
Heute ist alles einfacher, wohlgeordnet, subventioniert und Mausklickgerecht, das ist gut so, jedoch verschwindet der Druck. Gebt dem Volk Brot und Spiele. Damit lässt es sich fein leben. Gutes Equipment, Fingerfertigkeit, gelernt vom Netz oder im Konservatorium. Oberflächenkratzer gibt es keine, verblasst und ein bisschen langweilig wird das genutzt, was schon da ist…keine Bange, das ist kein Vorwurf, das ist ein natürliches Phänomen…da kommt bestimmt was nach, möglicherweise aber aus einer völlig anderen Richtung.
Bis dahin: Rock ’n’ Roll will never die.
Yoshi Hampl
http://yoshihampl.bandcamp.com
http://soundcloud.com/yoshihampl
http://www.youtube.com/user/mano0908
http://syntony.bandcamp.com/album/white-fly
"phon.zimmer? Is that when people meet in a basement?“
von Chris Koubek
Was im Frühjahr 1998, mit einem Auftritt der Noise Performance Band Am.Ar.Cord, als Möglichkeit für Workstation Bands, kleine mehr oder weniger vereinsinterne Konzerte vor der Proberaumtür zu spielen begann, entwickelte sich in den kommenden Jahren wohl zum spannendsten Ort für Musik abseits des Mainstreams in Innsbruck und weit darüber hinaus.
Anfänglich fanden die Konzerte egal was für ein Wochentag sich daraus ergeben sollte, stur alle neun Tage statt. Hauptsächlich mit Bands und Dj`s aus der Workstation. Aber dabei blieb es nicht lange.....
Schnell wurde die Workstation auch als Veranstaltungsort Kult in der Stadt, und eine immer größer, aktiver und professioneller agierende junge Kultur und Musikszene fand einen Ort der den richtigen Rahmen, den Spirit und die Aura für die diversen subkulturellen Inhalte bot.
Und so wurde in der Workstation etwas versteckt und ohne die Möglichkeit größerer öffentlicher Wahrnehmung, das geprobt was später dem Keller entstiegen in der p.m.k für Furore sorgen sollte.
Die Workstation war jener Ort, in dem sich eine neue frische motivierte Innsbruck Szene fand. Ein Ort an dem Menschen aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen und mit unterschiedlichsten musikalischen Interessen einen gemeinsamen Ort bespielten. Bei den klassischen härteren Rock Genres beginnend über Hip Hop, Drum`n`Bass und Techno bis hin zu experimentellen Varianten der zeitgenössischen Musikproduktion traf sich alles im Keller, der in diesen Jahren wöchentlich brodelte und eine ungemeine Energie, Euphorie und Aufbruchstimmung bei allen Beteiligten auslöste.
Es war eine sehr intensive und spannende Zeit in der Grundsteine für neue Entwicklungen, Projekte, Orte und Initiativen der Innsbrucker Kulturszene gelegt wurden.
Aber irgendwann war klar, dass das ewige verstecken spielen in der veranstaltungsrechtlich problematischen Workstation, das über den Verantwortlichen schwebende Damoklesschwert, auf Dauer der Szene nicht gerecht wurde und vor allem die Unmöglichkeit der öffentlichen Bewerbung und Rezension auf Dauer nicht befriedigend wäre.
Auch deshalb wurde die p.m.k gegründet, die nach 3 Jahren zähen Verhandelns, dem Suchen nach einem geeigneten Ort, vielschichtigen Aktionen und Fights mit den zuständigen Politikern der Stadt Innsbruck, 2004, in mittlerweile drei Viaduktbögen eine Szene Homebase mit Veranstaltungsraum, Bar und Büro eröffnete. Die p.m.k löste damit die Workstation als Veranstaltungsort ab und bot fortan einen professionellen Rahmen für die selbstbewusste, in den Jahren davor im Keller gewachsene Szene. Diese setzte ihre Arbeit dort mit unglaublicher Energie, die sich im dichten von extrem hoher Qualität geprägten Programm der p.m.k widerspiegelte, fort.
Chris Koubek
Der Abstieg in den Keller der Bedeutungsvolligkeit
Gefühlserzählung in 7 Kreisen.
von Gregor Huber
Hier die sehr subjektive Geschichte von Einem, der sich der Workstation langsam, in konzentrischen Kreisen annäherte. Die Geschichte von jemandem, der als Konsument kam und als Teil ging.
Kreis 1 (the Outer Rim):
9900 ist die Postleitzahl von Lienz in Osttirol und steht wahrscheinlich auch für die Anzahl der alkoholischen Getränke, die ich dort einnehmen musste, um mir zwischen „Stadtkeller“ und „Wha“ irgendwo etwas Sinn und Spaß stiften zu können.
Natürlich war nicht alles elendig: Zum Beispiel gab es wirklich viele hübsche Mädels dort, was zwischen 14 und 19 essentiell war. Ganz nebenbei war (ist) der Ort klein genug, um sich schnell einmal in Szene setzen zu können. Da brauchte es nicht viel: Autopsy statt AC/DC hören, Ring in der Augenbraue statt im Ohr und Doc’s statt Jogging High... dann noch schnell eine Death-Metal Band gegründet und schon galt man als (wenn auch zweifelhafte) Szenefigur in der Kleinstadt. Alle 2 Monate (geschätzt) gab’s im Jugendzentrum (Club T3) Konzerte, die, von der Lokalgazette „Osttiroler Bote“ immer, mangels näherem Interesse, als „Hardrockkonzert“ angekündigt wurden, egal ob es sich um Punk, Trashmetal oder Hardcore handelte. Oft war es dann so, dass Bands aus Osttirol und Oberkärnten auftraten, von denen wir im Vorfeld selten etwas wussten (mangels Myspace) und uns so einfach überraschen ließen. Wir waren ein sehr dankbares Live-Publikum, es reichte ein Metallica oder gar Slayer-Cover und schon war der Abend gerettet, egal wie grottig die Band sonst war. Insgeheim hofften wir natürlich immer auf Death-Metal aber da gab es damals noch zu wenig und wir kannten nahezu alle Bands in Österreich. Ach ja, das dürfte alles so zwischen 1988 und 1993 gewesen sein….
Kreis 2 (erste Vorposten in Sichtweite):
Es kam der Tag als ich zum ersten mal „Out of Order“ (heute Bug) sah. Anfangs, als die Band die Backline reinkarrte, war ich ziemlich enttäuscht, weil die Jungs weder amtliche Matten noch Multizacken-Klampfen ala BC Rich’s legendärer „Warlock“ hatten. Meine Hoffnung, da jetzt zumindest Trashmetal um die Ohren zu bekommen, sank also gegen Null.
Ich sah an diesem Abend zum ersten Mal eine HC-Band live. Das war ein Wendepunkt für mich und über „Out of Order“ stieg mein Interesse an der Innsbrucker Musikszene. Vom Utopia hatten wir damals natürlich auch in Lienz schon gehört. Ich war aber noch nie dort gewesen… zuwenig Metal, zumindest keine bekannten Bands… da war’s in Osttirol fast besser: Der Kristallkeller in Prägraten war ein heisser Spot auf der Metal-Landkarte in den frühen 90ern (Obituary, Demolition Hammer usw.).
Jetzt, wo HC in mein Leben getreten war – und zwar mit einem ordentlichen Tritt - ich die Death-Metal Band verkümmern lies, was meinen Rausschmiss zur Folge hatte und die versuchte Gründung einer HC-Band anfangs kläglich scheiterte, war mir Lienz zum ersten mal zu klein. Ich konnte niemanden so recht für HC begeistern. Die wenigen Leute, die bereits HC hörten, mochte ich nicht, weil sie Gym oder Borg gingen und/oder Söhne/Töcher von Ärzten/Ärztinnen oder ähnlichem waren (ja, so läuft das am Land) und ich überhaupt eine Aversion gegen die Hornbrillen-Fugazi-Nomeansno-Fraktion hatte. Ich wollte NY und nicht DC: Jugendliche Sperenzchen halt… und eine gewisse Intoleranz soll ja den Charakter formen.
Kreis 3 (Eindringen in die Exosphäre):
Utopia war ich dann öfter. Teilweise bin ich alleine raus gefahren, hab mir ein Konzert angeschaut, dann im Park gepennt und mit dem 6 Uhr Zug wieder Richtung Lienz gerollt.
Was mich damals in Ibk so beeindruckt hatte, war die organisierte Szene: Flyer-, Plakat-, Stickerdesign, regelmäßige Veranstaltungsreihen usw.. Dazu kam ein Publikum, das informiert und noch dazu cool gestylt war: Tattoos, Dreads, Camo-Hosen, Band T-shirts von Truppen, die in Lienz nur ich und 2 Freunde kannten. Das alles beeindruckte mich und ich hatte das Gefühl, etwas näher an das Wesen einer Szene herangekommen zu sein. Durch das Utopia öffnete sich auch mein Horizont: zu Hardcore kamen Noiserock, experimentellere Sachen (z.B. Original Devil Duo) und schließlich auch Drum’n’Bass und Goa (der aber bald wieder verschwand). Es war einfach geil (ja, das Begeisterungswort der 90er!!!), wie viel Verschiedenes dort regelmäßig unter einem Dach passierte. Klar gab es diese Sounds in gewisser Form auch südlich der Tauern aber das Gefühl, einer Szene anzugehören, die etwas bewegen konnte, gab es für mich in Lienz nie.
Kreis 4 (Durchdringen der Stratosphäre):
1996 kam ich dann endgültig nach Nordtirol und 97 nach Innsbruck. Das Utopia hatte sich verändert: sehr viel Psytrance und irgendwie nicht mehr das, was es einmal war, obwohl die Drum’n’Bass Bookings wirklich klasse waren. Wahrscheinlich hatte das für mich aber auch damit zu tun, dass ich plötzlich jeden Tag hingehen konnte und so das Spezielle langsam im Alltag verwässerte.
Es ging mir nämlich, und das war mir recht bald klar, um mehr als nur um die Musik alleine: Es ging um eine ganze Palette von Stimmungen, die für mich eine Subkultur und den Ort, an dem sie passierte, zu dem werden lies was sie waren: Ein Ort für eine Erlebenspraxis, die viel mit Intimität zu tun hat, mit kontrollierter Abgrenzung und Öffnung: Nicht mit jedem und mit allem ins Szenebett steigen aber auch nicht vollkommen dicht machen.
Kreis 5 (Suche der Landebahn):
Genau zu der Zeit als mir das Utopia langsam zu einsilbig wurde, sickerte ein Name in meinen Aufmerksamkeitsradius ein: Workstation. Flyer mit dem Namen aber keiner Adresse darauf, belauschte Gespräche im Plattenladen, der auch eher ein elitärer Zirkel als ein normales Geschäft war, machten mich neugierig. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es da etwas gibt, das noch weiter unten brodelte und nicht von jedem/jeder entdeckt werden wollte… fast schon so etwas wie eine geheime Loge.
Ich weiß nicht mehr genau, wie und wann ich dann wirklich das erste Mal in der Workstation war… es muss wohl so Anfang/Mitte 1997 gewesen sein.
Jedenfalls wusste ich bereits aus Erzählungen, dass es da in irgendeinem dunklen Hinterhof eine Stahltür mit Klingel gab und man, falls einem/einer Zutritt gewährt wurde, irgendwelche dunklen Stiegen runtergehen musste um in einen vollgesprayten und vollgestickerten Raum zu kommen, indem dann irgendwelche Leute warmes Flaschenbier über ’ne Buddel rüber verkauften. Dazu sollte, so die Legende, immer der wirklich abgefahrenste Sound laufen, den man sich nur vorstellen konnte und die Toiletten alleine wären schon einen (oder eben keinen) Besuch wert gewesen… und überhaupt sei das ja alles sowieso total illegal dort, so die Sage weiter.
Da, in einem Keller, dem ein Ruf von Bronx-Romantik vorauseilte, sollte also der wirkliche Underground laufen. Das Utopia hatte sich, laut der Meinung der damaligen Szenekenner (auch im Plattenladen an zu treffen) schon längst selbst verraten und war gerade dabei gewesen, sich gegen die Wand zu fahren. Diese Leute sollten übrigens Recht behalten.
Die Workstation war für mich also zuallererst einmal ein Mythos. Ganz anders als das Utopia, welches öffentlich plakatierte, Programme verschickte und im Internet auftrat. Jeder/jede wusste: Wenn ich will, dann kann ich dorthin.
Mit der Workstation war das für mich anders: Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die Leute eben NICHT wollten, dass jeder/jede dorthin gehen kann.
Kreis 6: (Touch and Go)
Die ersten 2-3 Besuche in der Workstation waren fast wie Sightseeing. Ich wollte einfach nur dort sein und die Atmosphäre auf mich wirken lassen. Der einzig urbane Ort Innsbrucks, obwohl klein und miefig. In der Workstation konnte man das Gefühl entwickeln, in Berlin, London oder auch New York zu sein, jedenfalls an einem Ort, an dem etwas nicht nur passierte, sondern begründet wurde. Ich kann mich kaum mehr an die ersten Konzerte erinnern, was nicht nur an den großzügigen Mischungen an der Bar lag, sondern vor allem daran, dass der Ort und die Besucher/Besucherinnen anfänglich so viel wichtiger für mich waren, als der vordergründige kulturelle Inhalt. Nach außen hin wirkte die Workstation sehr hermetisch, aber innen waren kaum Hierarchien zu erkennen, gefühlsmäßig war jeder/jede Zweite irgendwie Barkeeper/Barkeeperin, Türsteher/Türsteherin, Tontechniker/Tontechnikerin und gleichzeitig Tänzer/Tänzerin in der ersten Reihe. Die Leute waren einfach voll dabei bei dem was sie taten, erweckten nicht den Eindruck, „Angestellte“ zu sein, sondern waren wirkliche Fans und Aktivisten. Der Ort veränderte sich ständig, war ein totaler Wildwuchs, so machte es zumindest anfänglich den Eindruck. Dass hinter alle dem auch harte Arbeit steckte, wurde mir erst im Laufe der Zeit bewusst, nämlich als ich begann, vom reinen Konsumenten zum Akteur zu werden. Drum’n’bass war mein Ding und mit Full Contact riefen wir eine Crew ins Leben, die ein bisschen was bewegte in Innsbruck und durch die ich viele interessante Leute kennenlernen durfte.
Kreis 7 (touch down)
Ich erkannte die Workstation als die Kreativzelle, aus der so vieles kam, was mich, bevor ich von der Workstation überhaupt wusste, schon beeindruckt hatte. Ich merkte, das Out of Order aus diesem Umfeld stammte, traf viele der Dj’s, die mich in Innsbruck beeinflussten (z.B. Dj Nullpunkt) dort wieder und sah, dass auch das Utopia ohne die Workstation nie so hätte sein können, wie es mir damals gefallen hatte.
Ich erfuhr die Auswirkungen der Workstation also schon Jahre zuvor im Lienzer Jugendzentrum Club T3, ohne jemals in Innsbruck gewesen zu sein. Somit prägte mich die Workstation über Umwege in meiner musikalischen Sozialisation, ohne dass mir das jemals bewusst war.
Später wurde die Workstation dann wirklich zu einem Wohnzimmer für mich in dem ich auch ab und zu mal auflegen konnte. Somit war ich für mich an einem Ziel angelangt .Ich war also Teil von dem geworden, was mich Jahre zuvor schon subtil beeinflusste, dann als Mythos in mein Leben trat und sich schließlich als wirklich tolle Zeit und Erfahrung manifestierte. Ich war somit auch zu einem der Wissenden geworden, dem es ein Lächeln aufzog, wenn motivierte drittsemestrige Alternativos vor’m Geiwi-Turm sich Geschichten von einem Ort erzählten, wo’s so richtig abgehen sollte und wo’s so richtig zach wäre.
Auch heute noch Probe ich mit meiner „Band“ Todesstern 4x im Jahr dort und jedes Mal find ich’s richtig gut, wieder dort zu sein!
Konklusio?
Ohne Mythen und eine gewisse Verkorkstheit funktionieren Subkulturen nicht….
Jedenfalls für mich…
APOKALYPSE BLUE
Uraufführung einer Auftragsarbeit im Rahmen des Osterfestivals 1999 der Galerie St. Barbara zum Thema Endzeiten | Amazonas. 40 MusikerInnen, Bands, KünstlerInnen und Performer der Workstation erarbeiten und inszenieren eine dreistündige Soundperformance zum Thema Endzeiten im ausverkauften Stadtsaal Innsbruck.
Apokalypse Blue war eine Folgeerscheinung der Übernahme der Workstation von Didier Hampl 1996, dem die Idee dazu beim lesen des Innsbrucker Fanzines „Der Diderot“ kam. Apokalypse Blue war als seine Abschlussarbeit gedacht, im Bestreben, die Workstation wieder zu verlassen um private Dinge zu regeln.
Hampl sieht die Apokalypse Blue als ein mystisches Ereignis und den Versuch zu beweisen, dass man die sozialen Strukturen in einer Welt voll Egoismus und Selbstbeschaulichkeit oder -sucht vielleicht ändern kann, indem man eine Insel schafft, wo alle gemeinsam an einem Strang ziehen.
Didier Hampl erzählt, dass er zu dieser Zeiten sehr oft alleine in Kirchen ging und betete: „nicht als Christ, wenn schon Religion dann mehr im buddhistischen Sinne“. Jedenfalls betete er ständig dafür, dieses Ziel zu erreichen. Sich selbst hintanzustellen und nur ein ausführendes Organ, ein Transformator zu sein, um die einzelnen Bedürfnisse der Workstation MitgliederInnen in ein Gesamtkonzept überzuführen; unmerklich und ohne Aufsehen.
Die Apokalypse Blue brauchte ein gutes halbes Jahr Überzeugungsarbeit bei jedem/jeder Einzelnen in der Workstation. Hampl wollte dass die Leute an sich selber glauben, dass ihre Sehnsucht nach Gemeinsamkeit kein leerer Wunsch in unserer Sozial-politischen Struktur war, dass ihr Wunsch schon die Kraft beherbergte, es Wirklichkeit werden zu lassen. Er forderte nicht. Er sagt lediglich: "Du kannst es tun". Das TUN war das ausschlaggebende.
Als er im „Diderot“ las, dass die Galerie St. Barbara wieder ein Osterfestival machte und das Thema irgendwas mit dem Thema Randgruppen der Gesellschaft zu tun hatte, rief er Gerhard Crepaz von der Galerie St. Barbara an und erklärte, dass die Workstation einiges an Erfahrung mit dieser Thematik hatte und gerne etwas dazu erarbeiten würde. Crepaz fand das spannend und bat ein Konzept zu entwerfen. In diesem Konzept erklärte Hampl eigentlich genau das, was oben beschrieben wird, plus dem klaren Vorschlag einer Umsetzung. Gerhard Crepaz erteilte anschließend den ebenfalls klaren Auftrag, alles in die Wege zu leiten und umzusetzen, ohne sich zu reduzieren – Latte hochlegen – es würde alles bezahlt werden. Er gab den Raum und auch das gewünschte Soundtechnik Team wurde problemlos zugesagt.
Didier Hampl bildete daraufhin Gruppen, die durch die Führungseigenschaften und die Initiative von ausgewählten "Heads" zustande kamen und eine Design-Gruppe zur Umsetzung der Optik. Es gab eine Stagehands-Truppe, eine Head-Office-Team, usw.
Sein Teil der Arbeit war, als letzter in der Reihe den Überblick zu bewahren und die Kraft für dieses Werk aufrecht zu erhalten. Es gab viel Zweifel und viele Neider und viele Zerstörer und es war ein kleines Wunder, dass alles wirklich und zur rechten Zeit fertig wurde.
Wichtig war, dass alle Beteiligten an der Apokalypse Blue als Ehrenamtliche arbeiteten und niemand sich darum scherte, dass man dabei vielleicht auch mal was verdient. Das heisst, alle arbeiteten wie selbstverständlich ständig umsonst und es gab nie eine Klage darüber, was bedeutete, dass die Gemeinsamkeit bereits Realität war.
Chris Koubek auf Basis eines E-Mails von Didier Hampl
Stoppt die Berge!
von Christian Egger
Also vielleicht das einzige was am ersten Theaterstück von Kehlmann über Gödel brauchbar ist für diesen Text, auch wieder eher von Gödel selbst stammt, das Zukunft, Präsens und Gegenwart irgendwie beliebig einsetz- wie vertauschbar sind. Dann dürfte es auch nicht wundern, dass ich zur Zeit ausschließlich
„Almost“ von Lof ä fair höre, ein musikalischer Lo-fi Traum von einem Tape, das genau zu mir und in meinen Walkman passt. Irgendwann wird man die Produktion von Walkman einstellen, während es den Technics SL 1200 immer geben wird, obwohl eigentlich viel unhandlicher, wegen der Dj´s. Ich kann hier in Innsbruck einfach keine Musik machen, weil mich die Qualität der Acts stets einschüchtert, deshalb habe ich jetzt lieber einen Blog, wo ich Collagen von mir raufstelle und auch ein paar mp3-kritiken, da erspar ich mir das Porto was ich bräuchte, wenn ich es kopiert und gefaltet Dir als Panik Press per Post schicken würde. Kürzlich hat mir Didier Platz angeboten, dass ich im Workstation Büro am Heft basteln kann, ich danke ihm dafür reichlich spät aber doch jetzt, aber damals, es war lange vor einer ersten dot com – Blase, dachte ich jeder hat ein Recht auf ein Büro für seine spannenden Projekte.
Letzte Woche hab ich mir die Bug wieder angesehen und meine Begleitung meinte, der Sänger kann gar nicht singen. Ich habe so etwas schon lange nicht mehr gehört und bleibe überrascht, habe darauf hin nichts gesagt, bin aber der Meinung, dass es ein sehr elaboriertes schönes nicht singen ist, vielleicht kann ich sogar Matthew Barney überzeugen dass sie im Cremaster 3 auftreten und nicht diese Klischeetölpel Murphy´s Law. Er singt als würden ihm die Texte aus Gratiszeitungen zufliegen, er in dieser Sinne verklebende bunten Verzweiflung nach emotionalen Resten suchen und selbst darin poetische Partikel schneller Hoffnungen finden, die er in Gesang übersetzen kann, auch wenn das sich manchmal eher nach kauen, schlucken, gurgeln und brüllen anhört. Wer traut sich das schon? Während mich einer der Männer an der Bar nun fragt, wie ich das meine mit der Gratiszeitung, ob das die vom Sonntag aus dem Zeitungsständer ist.
Er kommt seit sicher 30 Jahren hier runter, ich könnte es beschwören, er sieht dabei aber aus, als wären die Tonnen Tabak und Kubikmeter Alkoholika nie in ihm angekommen, hätte er höchstens zwei, dreimal im Leben kein Aftershave nach der Rasur des sonnengegerbten Gesichts aufgetragen. Während jüngere sich vielleicht am Murphy´s Law Gedisse stossen, aber ich urteile da eben ganz instinktiv, aus dem Bauch sozusagen, spiele die Loyalität zu anderen Bands aus, sonst müsste ich ja ausschließlich und immer geradezu warten bis mir eine Jury das Votingergebnis twittert. Diese überdosierten moralischen Spitzen gegen die Gegenwart, werden meinen Schreibstil in meinem von mir 1992 – bis 2000 herausgegebene Fanzine „ Panik Press „ prägen, dass das heute eher klingt als gäbe man Hipstertalk ein, und bekäme Altersdemenz als Suchvorschlag angeboten, oder würden sich Peter Cornelius und Ludwig Hirsch um die Anzahl durch ihre Musik gebrochener Herzen duellieren, dafür möge man mich nicht hier richten.
Ich werde Chris fragen ob ich die Releaseparty vom letzten Heft in der Workstation machen kann. Solche Texte sind sehr großen Gefahren ausgesetzt, eine heißt „ man selbst“ , eine „ früher-besser „, eine andere „ anekdotisch“ und bevor man die drei noch addiert, hat man schon „nostalgisch“.Aber viel von dem was mich relativ gutgelaunt und produktiv durch die Kunstakademie trägt, habe ich erstmals unter anderem hier erfahren. Dass eben die Idee mehr zählen kann, als das Resultat; das ist alles eher so wie wenn Björk eine Interviewtour zum aktuellen Album mit dem Orientexpress absolviert und auch in Innsbruck Journalisten zusteigen, dank Direktverbindung. Deshalb ist es schön, dass es das alles nun als Film und auf Dvd endlich gibt, fehlt schnell nur noch die Doppel-LP als Soundtrack zu Workstation to Workstation, vielleicht kann dieser Text da auch was bewirken. O.K! werde ich noch im Text Zitate einzuweben versuchen, könnte das gedanklich und qualitativ ordentlich klaffen beginnen; wo bin ich, vor einer Schule und verteile auf Löschpapier gedruckte Downloadcodes der eigenen Musik zum schlucken für potentielle Nie-Raucher? Ach was, solange R.E.M nur weitermachen bin ich vor allzu plumper Zynik gefeit, und weiß auch nicht erst seit gestern mit Louis Althusser/Etienne Balibar (»Lire le Capital«, Paris Maspero 1971): »Zeitlichkeit ist als Modalität gelebter Erfahrung ein existentielles, durch die Produktionsweise selbst hervorgebrachtes Phänomen.Jede Produktionsweise hat ihr eigenes Temporalsystem. Tatsächlich sind es die Strukturen der Zeitlichkeit, die von denen der Geschichte abhängen, statt dass die der Geschichte von denen der Zeit abhingen. Die Temporalitätsstrukturen und ihre spezifischen Differenzen werden im Prozeß der Herausbildung des Geschichtsbegriffs produziert.« 1
Die Workstation kann einen immer ein bisschen in Richtungen schubsen, wo man selber nicht so leicht sofort Schritte macht, das mag auch bescheiden klingen, aber so ist es nicht gemeint, es ist eine große und nicht zu unterschätzende Qualität von ihr und ich glaube an sie ungebrochen, wie ich selbst auch manchmal der kleine Junge bleiben dürfen möchte , der einfach nur ungecastet die Fahrradrampe runterpurzelt, auf irgendeine Bühne halt, wo dann schon Musik, Publikum, Applaus und Freigetränke wechselwirkend warten würden immer. Also kommt das Beste erst, man es auch mit Geburtstagen ruhig wie die diesjährig verstorbene Liz Taylor halten darf, unverbindlich phantastisch, bleibt die Workstation „ For you. vor Ort. Forever 21“ , gehen selbst „Retromania“ oder „Es muss was geben“ auch rückwärts zu lesen, von euren Cafe Latte verschmierten Kindles noch einfacher, und bevor ich da noch zu sehr in meinen sedimentierten Sozialisationen und damit einhergehenden Vorstellungen, wie nach Bauchnabelfussel bohre, abschließend überhaupt: "Was hülfe es, würde man sich in eine Gewerkschaftsposition gegenüber der Kreativarbeit begeben, was könnte man fordern, ohne gleich alles zu fordern? Nun dies: Die Wieder-Versachlichung der personalisierten Techniken, das Verfügen über Rückzugsmöglichkeiten, die nicht vom Zwang zur Reproduktion aufgefressen werden, die Wiederaneignung des Selbst durch das Selbst, die De-Ökonomisierung der Seele, des Körpers, der Präsenz, der Sexyness; die Re-Politisierung, Re-Objektivierung, Re-Reifizierung von Fähigkeiten, Skills, Wissen." 2
2: Diedrich Diedrichsen „kreative Arbeit und Slebstverwirklichung „ in :“ Kreation und Depression „ Freiheit im gegenwärtigen Kapitalismus herausgegeben von Christoph Menke und Juliane Rebentisch Kadmos verlag 2010 Berlin
wenn’s weihnachtet in der workstation
von Heidi Schleich
seit dem wechsel ins neue jahrtausend fand alljährlich am 24. dezember ein fest in der workstation statt. ab und an (eigentlich 2mal) war das fest zu gast in der pmk. dieses fest war gedacht als NICHT-weihnachtsfest, dieser anspruch konnte jedoch nur schwer gehalten werden, denn alle sprachen über lang oder kurz vom WEIHNACHTSFEST. es gab ja auch geschenke, mal unter der palme, mal aus dem weltall, mal aus dem einkaufswagen. und wir alle freuten uns darüber.
so verbrachten wir organisatorinnen dieses festes die weihnachtstage mit eifrigem dekorieren – nein nicht weihnachtlich – sondern jedes jahr zu einem neuen motto. so gab es palmenstrand, eine invasion der ausserirdischen, ein sich-sehen-lassen, ein wirkliches fest, ein untergetauchtes, ein flauschiges, ein fades fest, ein fest mit gespitzten ohren, eine talking show und zu guter letzt ein fest mit zitaten aus all den vorangegangenen jahren.
das fest war jedes jahr aufs neue ein treffpunkt für sehr viele menschen. vor allem all jene, die ihre zelte in innsbruck abgebrochen haben, konnten das fest als treffpunkt nutzen. zu weihnachten kommen dann doch viele „heim“ in ihre ursprungsfamilien und sie waren dann immer froh, auch die alten und jungen bekanntschaften aus der stadt zu treffen.
ausserdem nutzten viele das fest als auszeit nach den familiären weihnachtsorgien. so war es oft praktisch die familie und den weihnachtsbaum hinter sich zu lassen und ENDLICH richtig zu feiern.
2010 gab es eine pause, sprich kein fest in der workstation, nichts in der p.m.k oder anderswo. auch festorganisatorinnen brauchen mal eine pause!
wir sind sicher, es wird bald wieder ein fest geben, nur LEIDER nicht in der workstation. denn dort ist aus gutnachbarschaftlichen gründen KEIN fest mehr möglich.
but we are looking forward.......
herlinde, biggi und heidi
mit all den fleissigen helferInnen